Like a Dragon: Infinite Wealth - Test/Review
2020 hat sich Ryu Ga Gotoku Studios gedacht, dass es an der Zeit ist, im Rahmen ihrer Yakuza-Reihe einen Neuanfang zu wagen. Neuer Hauptcharakter, neuer Ort und vor allem ein ganz anderes Kampfsystem.
Von Timm Woita am 20.02.2024 - 07:19 Uhr

Fakten

Plattformen

Xbox Series S

Xbox Series X

PlayStation 5

PC

Publisher

SEGA

Entwickler

Ryu Ga Gotoku Studio

Release

25.01 2024

Genre

Action-RPG

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

69,99 Euro

Media (11)

Alt und Neu


2020 hat sich Ryu Ga Gotoku Studios gedacht, dass es an der Zeit ist, im Rahmen ihrer Yakuza-Reihe einen Neuanfang zu wagen. Neuer Hauptcharakter, neuer Ort und vor allem ein ganz anderes Kampfsystem. Diese Entscheidung war auch keine schlechte, da Ichiban Kasuga ein hervorragender neuer Held war und das rundenbasierte RPG-Kampfsystem wirklich viel Laune gemacht hat. Ganze vier Jahre später ist nun endlich der Nachfolger erschienen, Like a Dragon: Infinite Wealth, und wir wollen mal schauen, wie sich Ichiban und seine Prügel-Genossen im neuesten Ableger schlagen.

Aller Anfang ist schwer


Wie für viele Teile der Yakuza-Reihe ist gerade der Anfang unglaublich langwierig; so auch bei Like a Dragon: Infinite Wealth. Wir spielen nämlich erstmal einen mehrstündigen Prolog, in dem wir erfahren, was aus Ichiban, Nanba, Adachi und Saeko geworden ist, nach den Vorfällen des ersten Teils. Ein großes Problem, welches auch in Like a Dragon existiert und auch schon in fast allen Yakuza-Ablegern gegenwärtig war: das alles wird euch durchaus spanisch (oder eher japanisch) vorkommen, wenn ihr den Vorgänger nicht gespielt habt. Denn es gibt nämlich nur kleine und kurze Erklärungen, was zuvor geschehen ist. Kurze Zusammenfassung: Ichiban Kasuga, Yakuza-Mitglied, wird von seinem Clan verraten, landet in Yokohama, besiegt allerlei böse Jungs, lernt viele nette Leute kennen und freundet sich mit ihnen an, überlebt mehrere Intrigen, sammelt weiter neue Freunde, zerstört ganz nebenbei die chinesische und koreanische Mafia, versöhnt sich mit seinem ehemaligen Patriarchen, zerstört einen kompletten Yakuza-Clan und mehrere hochrangige Politiker, um dann die erste große Yakuza-Auflösung herbeizuführen. Im Anschluss arbeitet er bei Hello Work, nur, um ein weiteres Mal verarscht zu werden, und… … damit sind wir auf dem aktuellen Stand. Ein großer Schritt für Yakuza ist nicht nur die Spielmechanik, sondern auch das neue Setting. Denn es verschlägt uns in Like A Dragon: Infinite Wealth nach Hawaii. Auf der sonnigen Insel soll Ichiban nämlich seine leibliche, eigentlich tot-geglaubte Mutter finden. Wie Ichiban sehr schnell feststellt, erwartet ihn hier aber kein einfacher Auftrag, sondern ein bis zu 100 Stunden dauerndes Abenteuer mit großartigem Storytelling, wahnwitzigen Quests, unzähligen Nebenmissionen und reichlich Aufgaben, aber auch emotionale und witzige Momente. Ich will von der Geschichte auch nicht zu viel erzählen, weil ich sie bis auf den langwierigen Prolog und ein Kapitel in der Mitte sehr gut und wirklich spannend inszeniert fand. Natürlich ist sie mehrfach nicht ganz schlüssig, hat teilweise ihre Längen und kein Mensch kann so ein liebevoller und treudoofer Mensch wie Ichiban sein. Dennoch ist die Story von Like a Dragon: Infinite Wealth wirklich hervorragend. Was ebenfalls wirklich gut gelungen ist, ist die Vorstellung und das Einbinden von neuen und alten Charakteren in die Story. Ich habe bei keinem der Nebencharaktere das Gefühl gehabt, dass sie aufgesetzt wirken, alle haben durch die Drink Links oder auch die möglichen Gespräche während des Reisens eine wahnsinnige Tiefe erhalten. Jeder der Charaktere aus unserer Kampftruppe hat eine eigene Motivation und Hintergründe, um Ichiban in seinem Kampf gegen die Unterwelt Hawaiis zu unterstützen. Ich habe ja bereits erwähnt, dass man bis zu 100 Stunden in Like a Dragon: Infinite Wealth versenken kann. Was ich dabei aber ausgelassen habe, ist die Tatsache, dass zwei der Nebenbeschäftigungen eigentlich sogar eigenständige Spiele sind. Da wäre einmal die Sujimon-Jagd, welche an Pokemon erinnert und sogar eine ganze Questline samt Arenaorden und Profitrainer beinhaltet. Aber auch einen Animal Crossing-Verschnitt, in dem wir Dodonka Island wieder aufbauen müssen, gibt es. Beides hat wirklich viel Spaß gemacht und fühlt sich wirklich wertig implementiert an. Dafür: Daumen Hoch Ryu Ga Gotoku Studios.

Altes Kampfsystem in neuem Gewand


Die erste große Änderung hat bereits im Vorgänger stattgefunden, denn wir haben in Yakuza: Like a Dragon das erste Mal ein rundenbasiertes Kampfsystem gehabt. Dieses wurde in Like a Dragon: Infinite Wealth aber nochmal verfeinert und fühlt sich nun sogar noch sinniger an und irgendwie auch altvertraut, wenn man schon Yakuza-Spiele vor Yakuza: Like a Dragon gespielt hat. Ichiban und Konsorten stehen nun nicht mehr stramm an einer Stelle, sondern können sich in einem gewissen Radius, welcher vom aktuellen Level abhängt, frei bewegen. Dies gibt uns mehrere taktische Möglichkeiten: Wir können uns so nämlich näher zu in der Umgebung befindlichen Gegenständen bewegen und diese dann als Waffe benutzen oder die neuen Mechaniken nutzen, welche unseren Damage-Output erhöhen. Dafür müssen wir Gegner wahlweise von hinten attackieren oder nah an ihnen stehen. Nutzen wir die Attacke von hinten, können wir sogar die Schilde des Gegners umgehen und trotzdem massiven Schaden anrichten. Außerdem wird bei unseren Angriffen nun angezeigt, in welche Richtung die Gegner geschlagen werden. Das ist dann besonders nützlich, wenn wir Gegner ineinander prügeln wollen, um so bei mehreren Kontrahenten Schaden anzurichten oder wenn wir sie in Richtung unserer Teammitglieder boxen. Dadurch können dann sogar Folgeangriffe ausgelöst werden. Insgesamt hat sich einiges getan beim Kampfsystem und alles fühlt sich nun wesentlich durchdachter an. Was ebenfalls wieder mit an Bord ist, ist das Klassensystem. Jeder Charakter kann von seiner Hauptklasse auf eine andere wechseln. Nehmen wir als Beispiel Ichiban. Wir starten im Spiel als Selbstständiger, werden dann wieder in der Klasse zum Helden und können noch aus anderen Klassen auswählen, wie zum Beispiel Samurai oder Revolverheld. Jede Klasse hat ein eigenes Joblevel, über das wir dann neue Fähigkeiten freischalten. Außerdem hat jeder Job verschiedene Stats, welche entweder erhöht oder verringert werden. Dies fällt im Spielfluss aber weniger auf. Die Fähigkeiten der einzelnen Klassen sind super inszeniert und gerade die stärksten unter ihnen kommen mit einer ganz eigenen, teilweise sehr witzigen, längeren Animation daher. Genretypisch gibt es natürlich auch verschiedene Elemente und dazugehörige Resistenzen. Diese sind besonders in den teilweise doch knackigen Bossfights von hoher Bedeutung, da das Ausnutzen der Schwächen eines Gegners über Sieg oder Niederlage entscheiden kann. Was bei Yakuza: Like a Dragon bereits super gelungen ist, war das Gegner-Design. Auch in Infinite Wealth haben die Entwickler wieder ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und schmeißen uns die vielleicht nicht kreativsten, aber dafür wahnwitzigsten Gegner vor die Nase. Egal ob es jetzt ein Halb-Baum-Halb-Mensch-Wesen, ein Taucher im Haikostüm oder ein Kettensägen-schwingender Muskelberg ist. Die Auswahl umfasst einige wirklich gute Designs und macht während der Kämpfe wahnsinnigen Spaß.

Atmosphäre top, Technik…


Die Technik ist leider eines der großen Probleme von Like a Dragon: Infinite Wealth. Hierbei rede ich nicht mal über die Animationen der Charaktere, denn diese sind auf hervorragendem Niveau, genauso wie die Gesichtsanimationen in den Zwischensequenzen. Aber gerade wenn wir aus den Zwischensequenzen heraus, in ein normales Gespräch übergehen, fällt die steife Mimik doch stark auf. Ebenfalls könnten die Passanten auf den Gehwegen, die Gebäude und auch die Autos auf den Straßen neuen Anstrich vertragen. Diese wirken nämlich teilweise in ihren Bewegungen sehr starr und hölzern. Das kann auch die hervorragende Atmosphäre, die sich insgesamt in Yokohama und Hawaii auftut, nicht verbergen. Aber gerade nachts, wenn die Umgebung von all den hellen Neon-Schildern erleuchtet wird und sich die Passanten auf den Gehwegen und in der Mall tummeln, kann Like a Dragon: Infinite Wealth wirklich punkten. Was ich übrigens Ryu ga Gotoku Studios lassen muss, ist, dass die Vertonung mancher Gespräche und der Zwischensequenzen auf einem fantastischen Niveau ist. Gerade auf japanisch, mit deutschen Untertiteln, ist dieses Spiel eine absolute Bombe. Auch der Soundtrack braucht sich nicht verstecken, denn die musikalische Untermalung während der Kämpfe und der Zwischensequenzen passen einfach wie der Baseballschläger aufs Auge unserer Gegner. Solltet ihr mir das nicht glauben, dann lasst euch doch einfach mal auf einen gemütlichen Karaokeabend mit Ichiban und seiner Gang ein. Ich verspreche euch, ihr werdet es lieben.
Das einzige, was ich mir für einen eventuellen nächsten Teil wünsche, wäre wirklich ein neues oder zumindest stark aufgebohrtes Technikgerüst. Denn Ryu Ga Gotoku Studios haben sich in den letzten Jahren auf viele neue Dinge eingelassen, wie einen Genrewechsel, also bitte auch demnächst auf einen Engine-Wechsel. Das Auge isst mit, auch wenn der unangenehme Beigeschmack in Like a Dragon: Infinite Wealth nur sehr gering ist.
Like a Dragon: Infinite Wealth ist seit dem 26.01.2024 für PC und Konsolen ab 39,95 Euro im Handel erhältlich.

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