Tempest Rising - Test/Review
Wir gehen zurück. Wow, das schreibe ich momentan ziemlich oft, was?
Von Lars Hack am 22.05.2025 - 03:11 Uhr

Fakten

Plattform

PC

Publisher

3D Realms

Entwickler

Slipgate Ironworks

Release

24.04 2025

Genre

Strategie

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

49,99 Euro

Media (18)

Würdiger C&C-Nachfolger?


Wir gehen zurück. Wow, das schreibe ich momentan ziemlich oft, was? Nachdem ich in Commandos: Origins im Schatten des ersten Weltkriegs agiert habe, verschlägt es mich schon wieder in der Zeit zurück, dieses Mal in den Kalten Krieg. Oder besser gesagt, einen kalten Krieg, der heiß geworden ist. Tempest Rising ist das neue Werk von den Dänen bei Slipgate Ironworks. Wo die Diplomatie versagt, steigen wir als findiger Kommandant erst so richtig ein.

Grüne Energie? Rote Energie!


Erinnert ihr euch noch an damals, als die Cuba-Krise beinahe den dritten Weltkrieg ausgelöst hatte? Die Menschen in der Welt von Tempest Rising erinnern sich auch daran, nur dass es bei ihnen eben wirklich so eingetreten ist. Die Raketen flogen, Explosionen auf allen Seite und was nach den großen Pilzwolken übriggeblieben ist, ist eine Erde mit einem komplett neuen Antlitz, egal ob es um Flora, Fauna oder Politik geht. Während ein Konflikt der großen Machtblöcke schwelt, wird die ganze Welt nach und nach von Tempest überzogen. Diese rötlichen, Pflanzen-ähnlichen Strukturen wachsen vor allem dort, wo viel Radioaktivität nach den Bombeneinschlägen übrig geblieben ist. Und wie uns unsere Wissenschaftler versichern, nimmt Tempest nicht nur die Radioaktivität sicher in sich auf, sondern verwandelt diese sogar in potenziell nutzbare Energie - ein bisschen, wie es Tiberium im Command & Conquer-Universum kann. Ihr wisst natürlich, was passiert, wenn plötzlich eine neue Energiequellen wild auf der Erde wuchert: Jeder, aber auch wirklich jeder, will sie haben. Tempest Rising knüpft an einen schwelenden Konflikt in Europa an - im Westen steht die GDF, die Global Defense Force, eine sehr amerikanisch geprägte Armee, die ihre Einsätze auf gutem Intel, viel Aufklärung und sicherer Planung fußen lässt. Auf der anderen Seite steht die Tempest Dynastie. Dieser zunächst lose Bund aus asiatischen und osteuropäischen Staaten ringt heute mit der GDF um die Kontrolle des Tempest und verfolgt dabei noch andere, weitaus mysteriösere Ziele. In zwei Kampagnen schlüpfen wir entweder in die Rolle eines aufstrebenden GDF-Kommandanten oder zeigen als General der Dynastie unser Können und unseren Wert für die Sache. Jeder will das Tempest. Und wir sind für beide Seiten der Schlüssel, erfolgreich in diesem Konflikt zu sein. Sammelt also eure Truppen, upgradet eure Armee, beschützt eure Tempest-Sammler und erringt den Sieg auf einer weitestgehend verstrahlten, von Tempest überwucherten Erde.

Kommandieren und erobern


Der schusswaffenreiche Austausch zwischen der GDF und der Dynastie lehnt sich stark an die altbekannte Command & Conquer-Reihe an. Statt dem grünen Tiberium sammeln wir das rote Tempest aus Feldern, die auf der Karte verteilt sind. Beide Seiten haben leicht unterschiedliche Arten, an das rote Gold zu gelangen, aber sind darauf angewiesen, um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Neben Tempest, das für uns wie Geld funktioniert - im Spiel wird uns sogar ausführlich erklärt, dass uns jedes Gramm Tempest als bare (Credit-)Münze gut gerechnet wird - müssen wir auch unseren Energie-Haushalte im Auge behalten. Haben wir diese beiden Ressourcen erstmal als Grundversorgung sichergestellt, können wir uns gem restlichen Basenbau zuwenden. Okay, zugegeben, der Basenbau beginnt bereits etwas früher. Wir brauchen erstmal ein Hauptgebäude. Dieses bauen wir aus einem Konstruktionsfahrzeug. Steht das Hauptgebäude, geht es so richtig los: Wir bauen Kraftwerke, Kasernen, Forschungsgebäude, Verteidigung und mehr. In der Zwischenzeit machen unsere Gegner das gleiche, wenn wir ein klassisches Multiplayer-Gefecht gegen AI oder menschliche Spieler spielen. In den Kampagnen sind unsere Gegner, ganz im Genre-Stil, bereits auf der Karte verteilt und warten nur darauf, uns regelmäßig anzugreifen oder von uns ausgelöscht zu werden. Haben wir unsere erste Kaserne gebaut, können wir auch unsere ersten Einheiten ausbilden. Diese sind zunächst sehr einfach gestrickt, erfüllen aber mit mehr und mehr Gebäuden und Forschungen auch immer komplexere Rollen. Die GDF beginnt mit einfachen Soldaten, upgradet dann zu Drohnenpiloten, deren Schützlinge fliegen und Sprengstoff auf Gegner runterregnen lassen und haben später Zugriff auf super mobile Jeeps und Panzer mit ordentlich Wumms. Die Dynastie setzt im Laufe des Spiels vor allem auf viel Feuerpower und Flammenwerfer, um ihre Gegner in Blau unter Kontrolle zu halten. Damit sich die beiden Fraktionen auch neben ihren Einheiten und der Art, wie diese in den Kampf ziehen, unterscheiden, haben beide auch noch eine Mechanik parat, um ihren ganz eigenen Charakter zu bilden. Die GDF sammelt Intel, eine Ressource, für die sie feindliche Einheiten zunächst markieren und dann töten muss. Das Ergebnis ist eine Ressource, die für höherstufige Einheiten benötigt wird. Die Dynastie setzt dafür bereits früher als die Gegenseite auf mehr Feuerpower, um frühe Erfolge zu erzielen. Wie gesagt, beide Fraktionen haben eine eigene Kampagne, die das Ringen gegen die andere Seite beschreibt. Wollen wir weniger Geschichte, dafür mehr Kämpfen und Taktieren, können wir uns in Multiplayer-Schlachten gegen die KI oder online gegen andere Spieler messen. Neun ausgewogene Karten stehen uns zur Verfügung, auf denen wir uns um das wuchernde Tempest schlagen können. In der Kampagne sammeln wir außerdem Fortschrittspunkte, die wir dann in Perks stecken können. Damit individualisieren wir den Spielstil unserer Fraktionen ganz zu dem, was zu uns passt.

Ein roter Sturm


Tempest Rising lebt von einer guten Portion Nostalgie. Einheiten, UI, selbst die Geschichte spielt sehr auf frühere Taktik-Spiele an. Ich habe Command & Conquer schon ein paar Mal erwähnt, aber ich werde nicht müde, es nochmal zu tun. Vom Genre-Vorgänger wurde sehr viel übernommen, um nicht das Wort ‘inspiriert’ überzustrapazieren. Das heißt aber nicht, dass Tempest Rising auf der Strecke bleibt. Das ganze spielt sich mit einer guten Portion Pep, ein paar interessante Ideen im altbekannten Genre, ohne Veteranen zu verprellen. Die Kampagne bleibt vielleicht ohne große Höhen, aber führt uns halbwegs sicher durch die Scharmützel zwischen den beiden Fraktionen. Ärgerlich sind dabei die flachen Missionintros, von denen scheinbar selbst der Entwickler nicht überzeugt ist - die Briefings sind optional, wir können das Spiel komplett mit flachen Beschreibungen und in-Missionen-Anweisungen erledigen. Auch das Balancing hängt etwas in der Schwebe. Die AI-Schwierigkeiten machen große Sprünge, vorallem in den freien Gefechten. Mal zu einfach kann ganz schnell zu arg schwierig werden. Da muss der Entwickler deutlich nachlegen. Dafür gab es keine Verbindungsabbrüche oder ähnliches in den klassischen Online-Gefechten, die wir mit anderen Spielern bestreiten. Das größte Problem von Tempest Rising ist allerdings der Mangel an Innovation. Die Inspiration (jetzt hab ich’s doch gesagt) von früheren Spielen macht gute 90% des Gameplays aus und sitzt direkt im Zentrum der Aufmerksamkeit. Die eigenen Ideen, die kleinen Twists und Anpassungen, sitzen einfach zu dünn, als dass man sie wirklich als Alleinstellungsmerkmale heranziehen kann. Momentan ist Tempest Rising also ein etwas gemischtes Erlebnis, wenn ihr gerne gegen die AI spielt, aber ein echter Fund, wenn ihr gerne gegen die echten Spieler da draußen spielt. Und bevor ich es vergesse: Auch für die optionalen Missionsbriefings müsst ihr euch auf eine AI-englische Sprachausgabe verlassen, deutsch gibt es nur in den Untertiteln, und selbst da sehr steif und wenig natürlich.

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