Siege Survival: Gloria Victis - Test/Review
Die Stadt ist gefallen! Lasst alle Hoffnung fahren! Oder... Vielleicht auch nicht?
Von Lars Hack am 04.06.2021 - 20:46 Uhr

Fakten

Plattform

PC

Publisher

Ravenscourt

Entwickler

Black Eye Games

Release

18.05 2021

Genre

Strategie

Typ

Vollversion

Pegi

12

Webseite

Preis

24,99 Euro

Media (8)

Edler Ritter

Die Stadt ist gefallen! Lasst alle Hoffnung fahren! Oder... Vielleicht auch nicht? Schließlich gibt es noch mutige Verteidiger in der Festung – und jene, die sie unterstützen: Uns! Wir schlüpfen in die Rolle der letzten Zivilisten in einer Stadt voller Krieg mit Siege Survival: Gloria Victis. Wir haben in den Belagerungs-und-Survival-Simulator Black Eye Games und Fish Tank Studio reingespielt!
Unbesungene Helden
Wir alle kennen die Geschichten: Mutige Helden, die auf dem Wall stehend dem Feind trotzen, schwirrende Pfeile, Gebrüll, Sieg und Niederlage! Wenn ihr das sucht, müsst ihr eher in anderen Spielen suchen. Siege Survival wirft uns in eine ganz andere Rollen – eine, die kaum behandelt wird in Spielen! Und zwar die der Zivilisten. Das Spiel öffnet mit dem Ende unserer heilen Welt. Einst waren wir Einwohner der Stadt, bis zu jenem Tag, an dem die Langboote der Ismir am Horizont auftauchten, in ihrem Schlepptau Blut, Feuer und Zerstörung. Wir gehören zu den letzten, die es von der Stadt aus in die Sicherheit der Feste schaffen. Alle anderen sind verloren vor den verriegelten Toren. Unsere Welt ist verbrannt, doch für Trauer und Melancholie bleibt keine Zeit. Wir können vielleicht kein Schwert schwingen oder Belagerungsleitern von den Mauern schubsen... Aber wir können überleben. Und wir können vielleicht sogar dafür sorgen, dass andere überleben. Eingepfercht in einen der Burghöfe, zusammen mit Schweinen, Hühnern und ein paar Ruinen, machen wir das Beste aus dem, was uns bleibt. Wir kochen Essen, reparieren Waffen und sorgen für frisches Wasser. Und wenn die kargen Vorräte in unserem Burghof nicht reichen? Wenn die Nordmänner erneut gegen die Mauern rennen? Wenn Schilde splittern und die wenigen überlebenden Soldaten medizinische Versorgung brauchen? Dann schlüpfen wir durch geheime Tunnel aus der Festung in die Stadt, in die Gassen, die früher unser Zuhause waren – und heute Feindesland sind.
Basteln am Tag, rauben in der Nacht
Die Verteidiger der Feste sind vielleicht die schmale Front, die uns vor den plündernden Horden bewahrt – wir aber sind die Versorger, die diese Front am Laufen halten. Denn die Bewohner der Burg wollen gefüttert, getränkt und natürlich mit frischer Ausrüstung versehen werden... Von unseren eigenen Spielfiguren, den Zivilisten, mal ganz abgesehen! Da belagerte Burgen nicht unbedingt mit Vorräten überlaufen (okay, manche vielleicht schon), müssen wir finding sein, um alle Bedürfnisse zu erfüllen. Aber eins nach dem anderen! Das Spiel ist prinzipiell in zwei Modi aufgeteilt, die jeweils Tag und Nacht darstellen. Tagsüber bewegen wir unsere Figuren durch den Burghof. Es gilt Tiere zu füttern (oder zu schlachten, wenn es schlecht um unsere Nahrung steht), Schutt zu beseitigen, neue Werktische zu errichten oder die Bedürfnisse der Festungsverteidiger zu befriedigen. Das Ressourcensystem ist relativ simpel: Aus der Ressource Holz können wir beispielsweise an einem entsprechenden Werktisch entweder Feuerholz – für die Essenszubereitung – schaffen, oder Bretter, die wiederum für aufwändigere Rezepte gebraucht werden. Für alles, was wir zu tun haben, gibt es entsprechende Werkbänke, die dann auch noch aufgewertet werden können, um den Ressourcenverbrauch zu senken. Haben wir dann Feuerholz geschlagen, können wir damit am Lagerfeuer eine einfache Mahlzeit kochen, wenn wir den Brennstoff mit einem Ei aus unserem Hühnerschlag kombinieren... Simpel! Dann müssen wir entscheiden, wer das warme Mahl bekommt. Geben wir es einem unserer Charaktere? Oder schicken wir es an die Verteidiger der Burg? Unsere eigenen Figuren haben sechs Werte, auf die wir achten müssen: Schlaf, Hunger, Durst, Krankheit, Verletzungen und Moral. Sinken diese Werte, dann brauchen sie länger, um ihre Aufgaben zu erledigen. Sinkt die Moral der Festungsverteidiger, könnte es in der nächsten Schlacht eine böse Überraschung geben. Schlachten finden alle paar Tage statt, wenn die Belagerer einen Sturm auf die Festung unternehmen. Während es Pfeile und Geschosse hagelt, aus deren Weg wir unsere Figuren am besten rausbewegen, zeigt sich, wie gut unsere Vorbereitungen waren. Wenn wir genug Essen, Wasser und reparierte Ausrüstung geliefert haben, geht es für die Verteidiger glimpflich aus. Wenn nicht? Sagen wir einfach, dass die Nordmänner keine Gefangenen machen. Der zweite Modus ist einfach zu erklären: Die Nacht! Das ist die Zeit, wenn wir uns aus den sicheren Mauern schleichen, hinaus in die Stadt, durch geheime Tunnel! Die Ismir halten die Stadt vielleicht besetzt, aber sie können nicht überall sein... Und wer achtet schon auf einen Schatten, der durch die Gassen schleicht? In den rauchenden Ruinen unserer einstigen Heimat suchen wir nach Vorräten, alles, was uns tagsüber in der Burg nützlich sein könnte. Wir starten auf dem Marktplatz, aber können nach uns nach die gesamte Stadt erkunden. Nur vor den durch die Straßen streifenden Ismir-Soldaten müssen wir uns in Acht nehmen. Sehen uns diese, schlagen sie Alarm und versuchen unsere mutigen Zivilisten zu erschlagen. Gut für uns, dass wir den Sichtkegel jeder Wache sehen – und, wie viel Lärm wir verursachen. Werden wir erwischt und entkommen, ist der Spuk aber noch nicht vorbei. Stattdessen patrouillieren in der nächsten Nacht noch mehr Soldaten. Wir bezahlen also jedes erwischt-werden mit einer schwierigeren nächsten Nacht. Hoffentlich können unsere Vorräte das verkraften...
Der Schatten, der die Nacht durchflattert
Siege Survival ist eines dieser Spiele, die einen Erzähler mit düsterer, unheilsverkündender Stimme hätte brauchen können. Die deutschen Texte sind okay, aber kommt schon... Ein Erzähler hätte dem düsteren Szenario noch das gewisse Extra gegeben. Aber man soll ja nicht über zerstörte Burgmauern weinen, nicht wahr? Denn die deutsche Übersetzung ist fein – abgesehen vom gelegentlichen Schnitzer wirkt das Spiel nicht wie vom Google Translator betreut. Siege Survival ist vielleicht keine grafische Offenbarung, muss es aber auch nicht... Hier dreht sich alles eher um das Gameplay und die Atmosphäre, die die Entwickler ganz gut rüberbringen. Während wir unseren kargen Burghof mit wenigen Ressourcen beackern, spielt im Hintergrund eine langsame, geigenlastige Melodie, die unsere düstere Lage treffen auf den Punkt bringt. Ihr wisst nicht so recht, wie ihr in einer belagerten Stadt überlebt? Keine Sorge! Alles wird euch in verständlichen Tutorials erklärt, damit ihr nach und nach zu einem Meister des Überlebens werdet. Und es gibt einiges zu tun: Wenn ihr die ersten paar Tage sicher übersteht, stehen euch sechs Spielmodi zur Verfügung, die alle die Startbedingungen anpassen und es euch mal leichter, mal schwieriger machen. Immer noch nicht genug? Startet ein NG+ und entscheidet selbst, wie euer Szenario aussieht. Und wenn ihr euch dann noch nicht an Siege Survival satt gespielt habt, könnt ihr einen Blick auf die Szenarien anderer Spieler werfen. Denn die Entwickler haben direkt noch einen Szenario-Editor mitspendiert. Das klingt alles nach sehr viel, aber bedenkt: Das Gameplay wiederholt sich rasch. Mit den Szenarien verändert ihr zwar die Startbedingungen oder wie häufig es zu Schlachten kommt, aber prinzipiell steht ihr jeden Tag auf, wirtschaftet, schleicht, schlaft. Die Stadt ist groß und gibt uns einiges an Raum zum Erkunden, trotzdem muss man das Gameplay mögen, um am Ball zu bleiben. Jedoch: Die Entwickler haben bereits eine Roadmap veröffentlicht, die neue Inhalte – darunter auch eine neue Stadtkarte mit neuen Funktionen und Features – ankündigt. Fans des gepflegten Belagerungs-Überlebens können sich also noch auf mehr freuen. Sonst macht Siege Survival einen soliden Eindruck, nur Kleinigkeiten sind aufgefallen. Ein gutes Beispiel für Eingabeschwierigkeiten, die ab und an auftreten: Nachts schleichen wir durch die Gassen und wollen einem Posten der Ismir ausweichen, indem wir zwei rasche Klicks an unterschiedliche Orte machen – und Siege Survival erkennt unsere Eingabe als Doppelklick auf die selbe Stelle und lässt unseren Charakter losrennen. Natürlich bleiben die Renngeräusche nicht unbemerkt und unser Charakter kassiert einen Pfeil in den Allerwertesten. Das ist ärgerlich, aber Siege Survival bringt uns einfach bei, gewissenhafter mit unseren Klicks umzugehen...

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