Ghost Recon: Breakpoint - Test/Review
Vor knapp über zwei Jahren veröffentlichte Publisher Ubisoft Ghost Recon: Wildlands, das erst nach zahlreichen Updates sein volles Potenzial entfalten konnte. Mit dem Nachfolger „Breakpoint“ wollen die Entwickler gleich von Anfang an alles richtig machen. Ob das auch gelungen ist?
Von Christoph Miklos am 23.10.2019 - 06:52 Uhr

Fakten

Plattformen

PlayStation 4 Pro

Xbox One X

PlayStation 4

Xbox One

PC

Publisher

Ubisoft

Entwickler

Ubisoft

Release

04.10 2019

Genre

Action

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Media (22)

Wildlands 2.0?

Vor knapp über zwei Jahren veröffentlichte Publisher Ubisoft Ghost Recon: Wildlands, das erst nach zahlreichen Updates sein volles Potenzial entfalten konnte. Mit dem Nachfolger „Breakpoint“ wollen die Entwickler gleich von Anfang an alles richtig machen. Ob das auch gelungen ist?
Mehr Story - mehr Härte
Ein großer Schwachpunkt im Vorgänger war die lahme Drogenboss-Jagd auf El Sueno. In Breakpoint geht es deutlich härter und persönlicher zu - der Erzfeind des Spiels ist nämlich ein alter Freund, Ex-Ghost-Soldat Cole D. Walker (Punisher-Schauspieler Jon Bernthal). Mit Auroa, einer Insel im Südpazifik, gibt es eine neue Spielwelt, die in puncto Open-World-Design abwechslungsreicher als das Bolivien des Vorgängers ausfallen möchte. Auch in Sachen Gameplay verspricht der Entwickler mehr Taktik: Man kann Zäune aufschneiden, sich in Matsch wälzen, was die Tarnung verbessert und es gibt sogar ein neues Klassensystem bestehend aus Sanitäter, Scharfschütze und Panther. Darüber hinaus sollen ein Ausdauerbalken und einschränkende Verletzungen für mehr Realismus sorgen. Hört sich eigentlich ganz gut an, doch leider wirkt der Rollenspielanteil aufgesetzt und das Loot-System nicht durchdacht. Bereits während der Kampagne wird schnell klar, dass Ubisoft zu viel von seiner „Open-World-DNA“ in das Spiel gegossen hat. Die durchaus vorhandenen Stärken von Breakpoint versumpfen in einem Wust aus Loot-, Level- und Freischaltquatsch, der die Identität von Ghost Recon völlig verwässert.
Die Stärken
Ghost Recon: Breakpoint mag an vielen Stellen enttäuschen, es ist aber kein schlechtes Spiel. Denn in seinem Herzen schlagen noch immer dieselben Stärken, die Wildlands unter Fans so beliebt gemacht haben. Ein großer Pluspunkt ist zum Beispiel die freie Taktikgestaltung einer Mission. Als Spieler hat man nämlich unzählige Möglichkeiten einen Auftrag erfolgreich abzuschließen. So kann man in bester Rambo-Manier einen gegnerischen Außenposten einfach stürmen oder lieber auf die Nacht warten und dann heimlich einen Gegner nach dem anderen ausschalten. Alternativ kann man es sich auch auf einem Berg bequem machen und aus der Ferne mittels Scharfschützengewehr für „Ordnung“ sorgen. Im Vier-Spieler-Koop erweitern sich diese Möglichkeiten durch Aufgabenteilung natürlich immens. Beispielsweise können die Kollegen direkt vom Helikopter snipern, während man selbst am Steuer hockt. In solchen Momenten ist Breakpoint ganz großes Kino, zumal ein griffiges Gunplay sowie knallige Waffen-Sounds die Schießereien im Kern wirklich gut auf den Weg bringen. Lob gibt es auch für die abwechslungsreich gestaltete Spielwelt. Die Probleme
Wo also scheitert der neuste Ubisoft-Titel? Kurz gesagt: Die Entwickler strecken das Spiel in eine unerträgliche Länge. Breakpoint ist zugekleistert mit Freischaltspiralen, einem Battle Pass für Fraktionsbelohnungen, Skins, Outfits, Emblemen, Skillbäumen. Man levelt seine Klasse, den Charakter, die Waffe und den Fraktionsrang. Und nichts davon funktioniert wirklich gut. Im Mittelpunkt des neusten Ghost-Recon-Ablegers steht das Sammeln von Ausrüstung. Fast im Minutentakt findet man neue Wummen, Hosen, Schutzwesten oder Mützen. Das Problem: Wo man zum Beispiel in Assassin's Creed: Odyssey in einer spannenden Nebenquest am Ende mit einer coolen Waffe belohnt wurde, findet man in Breakpoint einfach nur eine Truhe. Keine Feinde, kein Gameplay, keine interessanten Infos zur Welt. Auroa entwickelt keine Persönlichkeit, die Straßen bleiben weitgehend menschenleer. Hier und da hocken mal zwei Einwohner im Wald und schrauben an einem Motorrad, ohne dass ich das irgendwie einordnen kann oder will.
Verkorkste Lootsystem und doofe KI
Die Jagd nach neuer Beute macht nur dann Spaß, wenn dieser Loot auch was bringt. In Loot-Shootern, wie zum Beispiel Destiny 2 oder The Division 2 stecken Gegner viel ein. Umso motivierender ist die Suche nach stärkeren Wummen oder dem optimalen Ausrüstungs-Build. Und genau hier hat Breakpoint das nächste Problem: Man möchte „realistisch“ bleiben. Heißt im Klartext: Selbst mit dem schwächsten Gewehr kann man einen menschlichen Gegner per Kopfschuss direkt ausschalten. Um diesem Loot-System also irgendeine Berechtigung zu verschaffen, gibt es neben Soldaten einen anderen großen Gegner-Typ: die Drohnen. Fliegende Roboter, fahrende Roboter, stationäre Roboter - diese Maschinen findet man in jeder größeren Basis. Und sie schlucken Kugeln. Realismus ade! Ein weiteres Ärgernis in Breakpoint ist die dämliche Gegner-KI, welche wir schon im Vorgänger hart kritisiert haben. In unserer Testversion stehen selbst auf dem höchsten der vier Schwierigkeitsgrade feindliche Spezialeinheiten immer mal blöd in der Landschaft rum, während man nebenan die Kollegen um die Ecke bringt. Und in Innenräumen finden sie ihren Weg nicht.
Das Ende der Geschichte
Die anfänglich spannend inszenierte Geschichte zerfasert schnell in belanglose Botengänge über die Insel. Ständig muss man irgendwelche Stationen sabotieren, Leute retten oder Computerterminals hacken. Die ganze Dramaturgie rund um Walker und Nomad verliert sich in Nichtigkeiten.
Nach Abschluss der Kampagne, die ungefähr zwischen 15 bis 20 Stunden Spielzeit in Anspruch nimmt, hat man das kaum vorhandene Endgame erreicht. Einige Neben- und Fraktionsmissionen benötigen sehr starke Ausrüstung, fühlen sich spielmechanisch allerdings an wie jeder andere Auftrag auch. Ubisoft will nach Release diverse Raids liefern, bis dato fehlt dem Spiel eine motivierende Endgame-Herausforderung wie etwa die Black Tusk bei The Division 2. Immerhin: Als launige Alternative gibt es den PvP-Modus „Ghost War“. Dort treten vier Ghosts gegen vier Kontrahenten an. In seinen besten Momenten entfaltet dieser Modus ein wirklich einzigartiges Potenzial: Die Maps fallen sehr groß aus, Schüsse sind äußerst tödlich, Feinde gut versteckt. Taktisches Vorgehen wird hier endlich belohnt.
Kein Pay2Win
Ghost Recon: Breakpoint hat einen umfangreichen Echtgeld-Shop, in dem man neben Outfits, Autos, Emblemen und anderen kosmetischen Paketen auch Waffenvorlagen kaufen kann. Die ermöglichen einem theoretisch einen Vorteil im Multiplayer, denn die PvP-Waffen entsprechen eins zu eins dem Singleplayer-Inventar. Allerdings werden Level-Werte im Ghost War deaktiviert. Somit bleibt alles fair.
Technik
Das hauseigene Grafikgerüst von Ubisoft kann sich sehen lassen: Abgesehen von Pop-ups, nachladenden Texturen und einigen Clippingfehlern sieht Auroa sehr gut aus. Dichte Dschungel, Sümpfe oder schneebedeckte Berghänge wirken organisch und vermitteln das gute Gefühl, in einer offenen Welt unterwegs zu sein. Dagegen fallen die Zwischensequenzen deutlich ab, weil Gesichter kaum animiert und darum fast ausdruckslos sind. Der Sound überzeugt: Es ist immer hörbar, aus welcher Richtung Fahrzeuge nahen oder Gegner auf einen feuern. Auch die deutsche Vertonung kann sich hören lassen. Was bringt die Zukunft
Ubisoft will in den kommenden Monaten weitere Inhalte veröffentlichen. Unter anderem soll es computergesteuerte Begleiter geben - anders als in Wildlands fehlen diese in Breakpoint zum Start. Außerdem sind laut der offiziellen Roadmap weitere Klassen, Raids, Fraktionsmissionen und mehr geplant. Die Inhalte sollen kostenlos erhältlich sein, Besitzer des kostenpflichtigen und bei Sondereditionen mitgelieferten Year 1 Pass bekommen einige Extras aber ein paar Tage früher.
Ghost Recon Breakpoint ist für Windows-PC, Xbox One und PlayStation 4 verfügbar, die Standardversion kostet 43,99 Euro.

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