Returnal - Test/Review
Resogun, Dead Nation, Alienation oder Outland. Euch sagen diese Titel nichts? Dann habt ihr euch in den letzten zwei Konsolengenerationen nicht genug mit der Art von Perlen beschäftigt, welche auf der Playstation 3 und Playstation 4 hinter den großen AAA-Titeln erschienen sind.
Von Timm Woita am 13.05.2021 - 04:17 Uhr

Fakten

Plattform

PlayStation 5

Publisher

Sony Interactive Entertainment

Entwickler

Housemarque Games

Release

19.03 2021

Genre

Shooter

Typ

Vollversion

Pegi

16

Webseite

Preis

82,75 Euro

Media (13)

AAA Rogue-like

Resogun, Dead Nation, Alienation oder Outland. Euch sagen diese Titel nichts? Dann habt ihr euch in den letzten zwei Konsolengenerationen nicht genug mit der Art von Perlen beschäftigt, welche auf der Playstation 3 und Playstation 4 hinter den großen AAA-Titeln erschienen sind. Aber alle haben eines gemeinsam: Sie wurden vom finnischen Entwicklerstudio Housemarque entwickelt und sind allesamt ausgezeichnete Spiele. Nachdem Housemarque ihr Battle Royal-Projekt Storm Divers wieder auf Eis gelegt haben, waren sie aber nicht untätig. Stattdessen haben sie mit Returnal ein ganz besonderes Spiel entwickelt!
Triple A Rogue-lite?
Ich hatte 2018 selber die Chance auf der Gamescom mit den Entwicklern von Housemarque zu sprechen und war nach all den Arcade-Action-Twinstick-Shootern und Bullethell-Shootern, welche zu dem Zeitpunkt bereits von Housemarque entwickelt und veröffentlicht worden sind, überrascht zu hören, dass jetzt ein Battle Royal kommen sollte. Aber mit Returnal sind die Entwickler doch glücklicherweise irgendwie ihren Prinzipien treu geblieben und vereinen Bekanntes mit neuen Aspekten. Returnal ist ein klassisches Roguelike-Game, kombiniert mit dem bekannten Bullethell-Aspekt und einem Permadeath-System. Ein Spiel, welches sich auch nicht unbedingt an jeden richtet, denn Returnal ist knackig. Sogar sehr knackig! Aber worum geht es in Returnal überhaupt? Wir sind mit unserer Heldin Selene auf dem Planeten Atropos gestrandet und durchlaufen einen Kreislauf aus Tod und Wiedergeburt - dem Return(al). Unsere Aufgabe ist es nun also diesen wahnwitzigen Kreislauf zu durchbrechen und einen Weg nach Hause zu finden. Dafür kämpfen wir uns durch verschiedene Areale, wie zum Beispiel Dschungel oder Wüstes, töten dort außerirdische Lebensformen, sammeln Obelit und verbessern unsere Überlebenschancen, indem wir unsere Fähigkeiten ausbauen und Alien-Technologie und -Artefakte einsetzen - bis wir dann eben sterben. Denn dann starten wir bis auf ein paar permanente Upgrades wie ein Schwert oder einen Greifhaken, welche wir im Spielverlauf aufsammeln, wieder bei Null (wir haben ja schon vor dem Permadeath gewarnt). Der Tod nimmt uns nämlich alles. Artefakte, Ressourcen, gefundene Waffen und unser verbessertes Leben. Wir starten dann wieder an der Absturzstelle des Raumschiffs Helios. Dies wird garniert mit einer kurzen Cutscene, in der wir den Absturz erneut miterleben. Um das Ganze dann aber noch schlimmer zu machen: Der Schwierigkeitsgrad bewegt sich auf dem eines Dark Souls, selbst Hades empfand ich persönlich als verzeihender. Aber um nicht immer wieder die gleichen Abschnitte, mit gleichem Aufbau, durchlaufen zu müssen, sind die Gebiete prozedural generiert. Die Anordnung der Räume ändert sich somit bei jedem Spieldurchlauf und bietet von daher schon ordentlich Abwechslung was die einzelnen Räume angeht. Die Gebiete selber, wie die Dschungel oder Wüsten, werden nie vermischt, sondern sind strikt voneinander getrennt. Ein neues Gebiet wird erst nach einem knackigen Bossfight freigeschaltet. Dieser Bossfight bringt übrigens einen weiteren Aspekt mit, der stark an Dark Souls erinnert: Fight, Learn, Die, Repeat. Wir kämpfen gegen den Boss, welcher drei Phasen hat, lernen seine Movement Patterns, sterben mit hoher Wahrscheinlichkeit, Ärgern uns zu Tode und starten von vorne, um ihm dann endlich den Arsch zu versohlen. Der Schwierigkeitsgrad der Bosse ist hoch, aber nicht unschaffbar. Außerdem war Housemarque auch gnädig: Haben wir einen Boss bereits besiegt, ist es nicht mehr nötig, diesen nochmal zu besiegen, um ins nächste Gebiet vorzudringen. Nehmen wir als Beispiel den Boss des Wüsten-Areals. Besiegen wir diesen Todesengel, erhalten wir den Greifhaken. Sollten wir dann im anschließenden Bereich, der Zitadelle, sterben, können wir die Zitadelle dank des Greifhakens auch direkt aus dem Dschungel-Areal betreten. Hier aber ein kleiner Tipp meinerseits: Tut das nicht! Wir sind daraufhin gnadenlos underpowered. Jedes Fünkchen Leben zählt. Jedes zusätzliche Waffenlevel entscheidet über Tod oder Leben - alle vorher gefundenen Artefakte können euch den Arsch retten. Wo wir von dem Waffenlevel reden: Jeder besiegte Gegner steigert die sogenannte Leistung. Diese kann auch über in den Räumen liegenden Kompensatoren gesteigert werden. Wenn wir unsere Leistung von Level 0 auf Level 1 gesteigert haben, werden auch die Waffen, welche wir finden, automatisch stärker. Dies kann in einem Bereich von +/- 2 Leveln variieren. Außerdem kommt jede Waffe mit verschiedenen Fähigkeiten einher. Der Spuckmaul Blaster, das Pendant zu einer Schrotflinte, zum Beispiel, kann die Fähigkeit Flintengeschoss haben, welche zusätzlich zu den gestreuten Schüssen noch einen geradlinigen Schuss abfeuert. Je höher das Level der Waffe, desto mehr Fähigkeiten sind auf der Waffe gestaffelt auf alle 5 Level. Alles ist entscheidend in Returnal. Je nach generiertem Level, startet das Spiel langsam oder ihr werdet direkt in einen Raum mit ein paar Monstern geworfen. Das steigert sich nach und nach und endet in Kämpfen gegen ziemlich schmerzhafte Zwischenbosse oder in Herausforderungs-Räumen mit drei Gegnerwellen. Returnal lässt uns dann in Deckung sprinten, den riesigen Mengen an Gegnergeschossen ausweichen oder uns aus der Zone eines heranspringenden Monsters mit unserem Schub, dem Pendant einer Ausweichrolle, herausbewegen. Es ist also in den meisten Räumen viel los, sodass man als Spieler jederzeit aufpassen muss, um nicht in die Schussbahn eines anderen Monsters zu kommen. Wie man sieht, hat Returnal sogar sehr viel mit Dark Souls gemein.
Aber kann Housemarque Story?
Hier muss man Housemarque ganz klar sagen: Ja. Im Gegensatz zu ihren bisherigen Werken gelingt den Finnen das Storytelling hier weitaus besser. Während die Charaktere in Spielen wie Dead Nation oder Alienation relativ blass blieben und teilweise sehr aufgesetzt wirkten, konnte ich mich von Selene und ihrer steigenden Verzweiflung packen und mitreißen lassen. Die Audiologs der zuvor getöteten Selenes, welche verteilt in der Spielwelt liegen, unterstreichen die steigende Angst, die stetige Gefahr und das Gefühl des Wahnsinns, welchen Selene bei ihrem Tod und dem daraus resultierendem Wiederanfang durchlebt. Aber nicht alle Vorgänger sind der Angst verfallen, sondern bieten wertvolle Hintergrundinfos über die Wesen, Entrückten und die Welt von Atropos. Aber neben den getöteten oder gestorbenen Selenes bekommen wir auch noch Informationen durch Geschichtssteine, welche wir nach dem Erlernen von verschiedenen Chiffren entschlüsseln können und die eine weitere Hintergrundgeschichte zu den Geschehnissen und der Geschichte von Atropos offenlegen. Die wichtigste Geschichte ist aber weiterhin, was mit Selene passiert und auch hier bietet Housemarque eine ordentliche Storyline, mit kryptischen Botschaften und jeder Menge Lovecraft-iam Horror. Die Zwischensequenz sind prima designed und bieten teilweise sogar interaktive Elemente. Diese Cuts finden in Selenes irdischem Zuhause statt welches aus irgendwelchen Gründen seinen Weg nach Atropos gefunden hat. Das heißt natürlich auch, dass es leider zwischenzeitlich immer wieder zu erzählerischen Pausen in der Geschichte kommt, da man ja auch erstmal den nächsten Boss über den Jordan schicken muss. Aber diese erzählerischen Pausen werden von den Monologen der aktuellen Selene sehr gut überspielt - das alles übrigens mit einer großartigen deutschen Vertonung! Neben der Story sollte ein Spiel natürlich noch mit anderen Werten auffallen. Hier will ich erstmal auf die Grafik zu sprechen kommen! Housemarque hat sich sehr viel Mühe gegeben was die einzelnen Areale angeht: Ob Dschungel oder Zitadelle, die Areale sind durch die Bank hervorragend designed. Sei es nun einfach die Flora und Fauna oder aber die überwucherten Ruinen im Dschungel oder die von Technik und Architektur durchzogene Zitadelle. Es finden sich immer wieder Blickfänge. Positiv zugute kommt dem Ganzen natürlich die prozedurale Generierung der einzelnen Räume. Dazu gehört auch, dass man manchen Räumen wieder begegnet, aber ich habe auch nach 20 Stunden Spielzeit noch neue Räume entdeckt, die mir bisher nicht unter die Augen gekommen sind. Das Gegnerdesign spielt auf dem gleichen Level, wobei die Bosse ein Highlight sind. Nicht einfach nur die Kämpfe an sich, sondern auch ihr Aussehen. Hier wird bereits nur durchs Design gezeigt: Hey, ICH bin hier der Boss. Dabei blitzt und funkt und strahlt es an allen Ecken und Enden, da die bunten Effekte dem üblichen Grafik-Gewand in nichts nachstehen. Auch die Audiotechnische Umsetzung ist sehr stark. Bei Schüssen aus der Schrotflinte scheppert es ordentlich, das Dauerfeuer des Tacryom-Gewehrs ist ein schnelles Zischen und die Explosionen des Raketenwerfers haben ordentlich Bass. All das dekoriert den stimmigen Soundtrack, der auf die einzelnen Areale und treibenden Kämpfe abgestimmt ist. Außerdem, wie bereits erwähnt, kann sich die deutsche Vertonung absolut sehen (und hören) lassen.
Aber nicht alles is perfekt
Aber auch in Returnal ist natürlich nicht alles perfekt. Erstmal sollte man direkt erwähnen, dass es nicht mit den ganz großen Titeln wie einem Demons Souls mithalten kann. Manche Texturen wirken arg matschig und auch aufploppende Objekte begegnen uns auf Atropos. Da wir uns aber am Anfang der aktuellen Konsolengeneration befinden, empfinde ich es nicht als massiven Kritikpunkt. Ebenfalls sollte man erwähnen, dass die Gegnertypen doch arg beschränkt sind und sich die Zwischenbosse die in manchen Räumen auftauchen am ehesten an bekannten Gegner orientieren und diese nur in größer und stärker sowie mit anderen Farben darstellen. Die Controller-Steuerung ist an sich gelungen und geht prima von der Hand. Die Dual Sense-Technik kommt wirklich zum Tragen und die ganzen Vibrationen spiegeln das aktuelle Geschehen sehr gut wieder. Was mir wiederum nicht gut gefallen hat, ist das Auslösen des alternativen Feuermodus durch halbes Durchdrücken des Adaptiv Triggers. Vielleicht sah Housemarque das ähnlich und ist aufkommendem Frust mit einer alternativen Steuerungsoption zuvorgekommen. Das größte Problem ist aber in meinen Augen die nicht vorhandene Möglichkeit, seinen aktuellen Spielstand zu speichern. Dies sollte bei einem Roguelike vielleicht auch nicht unbedingt der Fall sein, aber im Vergleich zu einem Run in Hades, welcher bei guten Konditionen 40 Minuten in Anspruch nimmt, mutiert Returnal ab und an zu einem Monstrum. Ein erfolgreicher Run kann auf Atropos schnell mal mehrere Stunden in Anspruch nehmen. Die einzige Möglichkeit dann den Run zu unterbrechen, ist die Playstation 5 in den Ruhemodus zu versetzen. Sollte dann aber ein Update bereitstehen, müssen wir den Run trotzdem neustarten.
Daher zum Abschluss noch zwei kleine Tipps: Schaltet die automatische Update-Installation für Returnal aus. Außerdem ist ein Bug bekannt, durch den ihr keine Türen mehr durchschreiten könnt. Sollte euch das passieren, wählt den Standard-Anzug von Selene aus und startet den Zyklus neu.

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