God of War Ragnarok - Test/Review
Endlich ist es soweit. Eine der meist erwartetsten Fortsetzungen der letzten Jahre ist endlich erschienen und versucht nach vier Jahren in verdammt große Fußstapfen zu treten.
Von Timm Woita am 21.11.2022 - 16:20 Uhr

Fakten

Plattformen

PlayStation 5

PlayStation 4 Pro

PlayStation 4

Publisher

Sony Computer Entertainment

Entwickler

Sony Computer Entertainment

Release

09.11 2022

Genre

Action-Adventure

Typ

Vollversion

Pegi

18

Webseite

Preis

ab 69,99 Euro

Media (20)

EPISCH!


Endlich ist es soweit. Eine der meist erwartetsten Fortsetzungen der letzten Jahre ist endlich erschienen und versucht nach vier Jahren in verdammt große Fußstapfen zu treten. Aber können die Santa Monica Studios erneut einen Meilenstein abliefern oder verirren sich der große Kratos und sein Spross Atreus in den Weiten der nordischen Mythologie?

Was ist denn hier los?


Kommen wir nochmal kurz zu einem kleinen, aber feinen Recap: Kratos, seines Zeichens Gott des Krieges/Götterschlächter/Olymp-Zerstörer, hat es im ersten Teil aus der Sonne Griechenlands in die eisigen Höhen des Nordens verschlagen. Nun sind nicht mehr Zyklopen oder Minotauren Kratos’ Gegner, sondern Draugr oder Trolle. Ares wird durch den Sohn Odins ersetzt und im grundsätzlichen Sinne passiert das, was passieren muss: Nachdem Kratos neue Ehefrau Faye verstorben ist, machen sich er und sein Sohn auf den Weg, um die Asche auf dem Gipfel des höchsten Bergs Jötunheims zu verstreuen. Auf dem Weg treffen wir auf allerlei Personen. Mimir, ein ehemaliger Berater Odins, welcher zum ewigen Leben unbeweglich an einem Baum verdammt wurde, aber auch auf die Hexe Freya. Im Laufe des Abenteuers setzen sich die beiden in vielen Schlachten mit allerhand bösartigen Wesen und Göttern aber durch und schaffen es auf den höchsten Gipfel der neun Welten. Kratos wäre aber nicht Kratos, wenn man es sich auf dem Weg nicht mit der gesamten nordischen Götterwelt verscherzen würde. Er ist eben ein Götterschlächter. Aber zum Glück waren die Entwickler so nett und haben euch eine Story-Zusammenfassung gegönnt. Diese kann direkt im Hauptmenü angewählt werden und fasst die Story des ersten Teils wirklich sehr gut zusammen. Ab hier kommen wir nun zur Fortsetzung und dem Ende der Dinge in der nordischen Mythologie: Ragnarök. Und der Start beginnt schon mal vielversprechend. Denn der Startbildschirm verschwindet und wird gekonnt in die erste Szene des Spiels übergeleitet. Hier sehen wir Kratos und Atreos noch im Wald zur Jagd. Allerdings ist es inzwischen in Midgard, nach den Erlebnissen aus dem Vorgänger, nicht mehr so schön. Die beiden bewegen sich durch tiefen Schnee, dem Fimbulwinter sei Dank. Ich habe mich an den Anfang des 2018er Reboots erinnert, als ich die gleichen Tempel erneut besucht und die gleichen Gegner erneut vermöbelt habe. Dies waren aber nur kurze Momente, denn im Anschluss an die Vorgeschichte hat mich der Blitz getroffen, bei dem, was die Santa Monica Studios hier gezaubert haben. Da ich größtenteils ohne Spoiler arbeiten will, sage ich nur, dass ich die Geschichte als extrem gut empfunden habe. Sie war episch, emotional und einfach nur unglaublich gut erzählt. Das liegt natürlich an der Konstellation, in welcher wir durch die Welt ziehen, aber auch daran, dass Santa Monica Studios nicht nur Atreus zu unserem stetigen Begleiter gemacht hat. Die Gespräche und die Themen waren einfach jedes Mal eine Freude zu hören, gerade, weil jeder Charakter, den wir im Laufe der Story in unsere kleine illustre Gruppe integrieren, andere Ansichten und Vorstellungen von dem hat, was als nächstes unternommen werden soll. Aber hier ist nicht alles kongenial. Auch wenn, wie bereits gesagt, die Gespräche, Geplänkel und die Story an sich unglaublich stark sind, leidet God of War Ragnarök wieder mal unter spürbaren Längen. Diese sind gerade in der Mitte des Spiels zu finden, fallen für mich aber nicht so stark ins Gewicht, da trotz des dort vermehrt auftretenden Backtrackings immer Platz gelassen wurde für neue Gespräche und Informationen. Was ich auch als sehr gut empfand, war die Tatsache, dass jeder Charakter, mit dem wir im Verlauf der Geschichte kommunizieren, ausreichend Tiefgang hat, um seine Motivation nachvollziehen zu können. Teils von Leid getragen oder durch Wut angetrieben. Und Story gibt es wieder mal jede Menge. Für einen Durchlauf der Hauptgeschichte, ohne das Erfüllen von Nebenaufgaben, kann man mit circa 20 bis 30 Stunden rechnen. Mit der Menge an Nebenaufgaben kann dies aber nochmals bis auf 40 bis 50 Stunden ansteigen; je nach gewähltem Schwierigkeitsgrad, Können und dem eigenen Verlangen, die neun Welten zu erkunden und ihre vielen Nebenaufgaben zu erledigen. Und die Nebenaufgaben lohnen sich diesmal sogar richtig. Nicht mal unbedingt wegen der Materialien, die wir bekommen, sondern einfach aufgrund der epischen Kämpfe, die überall in der Welt als Bosskämpfe lauern. Denn hier hat God of War Ragnarök nicht gegeizt und spendiert uns erheblich mehr Bossfights als der erste Teil. Das Positive daran ist zusätzlich, dass wir es in der Fortsetzung auch mit einer größeren Gegner-Vielfalt zu tun bekommen. Neben den bereits bekannten Draugr bekommen wir es nun zum Beispiel auch mit Drachen (wichtig: Mehrzahl) oder Zentauren-ähnlichen Wesen zu tun. Hier ist nun einfach wesentlich mehr Vielfalt und Tiefgang vorhanden. Und wenn wir von Tiefgang reden, müssen wir im nächsten Punkt auch vom Kampfsystem reden, hier hat sich nämlich einiges getan.

Der Blutrausch beginnt


Hier muss man direkt sagen: Das Kampfsystem ist einfach nur absolute Klasse. Im Gegensatz zum Vorgänger sogar noch besser, taktischer und vertikaler. Kommen wir erstmal zu den Kämpfen an sich. Diese sind God of War typisch mit viel Blut und ordentlich viel Waffengewalt gespickt. Die Waffen, welche uns an die Hand gegeben werden, sind erneut die Frostaxt, die Chaosklingen und das Schild. Die Waffen selbst sind einem Element zugeschrieben. Der Name Frostaxt zeigt schon, dass dieser das Element Eis innewohnt, die Chaosklingen sind dem Element Feuer verschrieben und den Schild können wir zum Blocken der Attacken nutzen. Während wir einen Gegner verprügeln und seine Angriffe blocken, füllt sich erneut eine Leiste unterhalb der HP Anzeige des Gegners. Ist diese voll, können Kratos und Atreus einem mächtigen Angriff ausholen. Dieser zieht je nach Gegner, Gegnerlevel und eigenem Ausrüstungslevel entweder verdammt viel HP ab oder die beiden schicken den Gegner mit einem brutalen Finisher über den Styx. Die beiden lassen dabei aber auch ihre Kreativität durchscheinen, wenn zum Beispiel ein Draugr enthauptet, zerhackt oder zerrissen wird. Das geht trotz der Gegnermengen, welche sich auf dem Bildschirm tummeln, dank kleiner Indikatoren sehr gut und übersichtlich von der Hand. Die Ausrüstung, welche wir finden oder im Lauf der Geschichte bekommen, können erneut gegen die passenden Materialien bei den Zwergen Brok und Sindri verbessert werden. Ebenfalls aus dem Vorgänger bekannt sind die leichten und schweren Runenangriffe, welche mächtige Attacken darstellen, mit denen ganze Gruppen stark geschwächt werden können. Eine der Neuerungen stellen die Artefakte dar. Diese können im Laufe der Story und der Nebenaufgaben gefunden werden und geben Kratos einen extra Boost, wie zum Beispiel ein 10-sekündigen Stärkeupgrade. Die Runenangriffe und Artefakte sind alle mit einem Cooldown versehen. Das ist auch vollkommen okay, da dieses System sonst zu übermächtig wäre. Ebenfalls gibt es eine Neuerung am Talentbaum. Wir können weiterhin Attacken über erhaltene XP freischalten. Die meisten Attacken haben dann eine Art Stufensystem. Je häufiger wir die Attacken nämlich verwenden, desto höher steigt sie im Rang. Hat man diesen dann auf Gold gebracht, dürfen wir der Attacke einen zusätzlichen Status verleihen. Dieser unterscheidet sich immer bei den jeweiligen Attacken und kann zum Beispiel eine höhere Betäubung sein oder einfach noch mehr Schaden verursachen. Hier kommen wir dann auch zu einem Aspekt, der etwas mehr taktischen Tiefgang mit sich bringt. Bin ich als Spieler eher der Damage Player oder will ich zum Beispiel eher auf Betäubungen gehen, um Gegner schneller zu stunnen? Was ebenfalls einen taktischen Part mit sich bringt, ist die genannte Vertikalität. Viele der Bereiche, in denen wir Gegner verprügeln, haben jetzt eine zusätzliche Ebene. Diese kann Kratos dank seiner Chaosklingen jederzeit erreichen und so auch Gegnergruppen separieren oder sogar mit einem mächtigen Angriff von oben großen Schaden anrichten. Aber man sagt ja auch, dass eine gute Verteidigung wichtig ist und hier haben die Santa Monica Studios mich erhört. Ich habe mir während des ersten Teils mehrfach die Frage gestellt, warum kein Mensch, Zwerg, Ase oder Wane in der Lage ist, einen anderen Schild für Kratos herzustellen. In Ragnarök können und tun Sindri und Brok mir den Gefallen und geben mir neue Schilde an die Hand. Da gibt es dann endlich als Beispiel einen “High Risk, High Reward”-Schild, welches zwar ein kurzes Zeitfenster zum Parieren hat, dafür aber eine ordentliche Ladung auf die Betäubungsleiste haut. Oder aber das Steinmauerschild, welches sogar stärkere gegnerische Angriffe einfach blocken kann und sich dabei sogar auflädt, nur um den Gegnern dann die Ladung um die Ohren zu hauen. Das wichtigste Asset in jedem Kampf sind aber unsere Begleiter. Diese haben in den letzten vier Jahren (Entwicklungszeit) nämlich scheinbar einige Kämpfe erlebt und Erfahrungen gesammelt. Atreus und die anderen Mitstreiter sind nämlich mittlerweile wirklich gute Hilfen. Sie teilen mehr Schaden aus, treffen zwischenzeitlich eigene Entscheidungen und können sogar verschiedene Arten von Zaubern wirken, die auf dem Schlachtfeld eine große Hilfe sind und zugleich noch extrem cool aussehen. Aber es wird natürlich nicht nur gekämpft. Sehr häufig finden wir in der Spielwelt auch weiterhin Rätsel, welche wir mit Hilfe von Magie und Waffengewalt bewältigen müssen. Hier muss zum Beispiel Siegelmagie verwendet werden, um Ranken wegzubrennen, oder erneut Zahnräder vereist werden, um durch Tore zu kommen. Diese Passagen finden sich immer wieder in der Spielwelt, wirken aber nicht nervig, sondern eher entspannend auf den sonst sehr Wut geschwängerten Spielablauf.

Designtechnische Keule


Vorweg zu erwähnen: Wir haben die Version für die PS5 getestet. Was die Santa Monica Studios aus diesem Powerhouse einer Konsole auf den Bildschirm zaubern, ist eine absolute Wucht. Die Grafik ist einfach ein Augenschmaus. Die Animationen, sowohl bei der Bewegung, als auch bei den Kämpfen, sind butterweich. Die Umgebungen bieten immer wieder Orte und Momente, in denen man einfach stehenbleiben und staunen muss. Die neun Welten von God of War Ragnarök sind so unterschiedlich designt, wie es nur geht. Vom verschneiten Midgard bis in die von Lavaseen verkohlten Tiefen Muspelheims bietet jede Welt ein eigenes Biotop der Extraklasse. Selbst die Areale, die wir im Vorgänger bereits gesehen haben, sind zwar sehr schnell wiedererkannt, aber haben sich durch den Lauf der Zeit verändert. Teilweise sind sogar noch in einigen Bereichen die Spuren von Kratos und Atreus erstem Auftritt sichtbar. Und das alles je nach Wunsch in verschiedenen Grafikmodi. Insgesamt gibt es vier Stück auf der PS5. Diese reichen von einer Auflösung von 1440p bis 2160p mit 60fps bis zu nativen 4K mit 30fps. Persönlich habe ich kaum einen Grafik-Unterschied zwischen Leistung und Auflösung bevorzugt bemerkt. Aber God of War Ragnarok spielt sich mit 60fps einfach butterweich und auch besser. Untermalt wird die grafische Pracht von einem kongenialen Soundtrack, welcher mir häufiger einen Schauer über den Rücken gejagt hat und mich voller Freude in die nächste große Schlacht geprügelt hat. Die Geräusche der Umgebung, das Aufwühlen des Sandes in einem Sturm oder die Vögel während einer Dschungeltour tun ihr Übriges zu der insgesamt exzellenten Atmosphäre. Und da ich die Gespräche vorher bereits erwähnt habe, will ich nicht verschweigen, dass sowohl die deutsche als auch die englische Synchronisation einfach top notch sind. Ich hatte NIE das Gefühl, dass eine Stimme nicht zu einem Charakter passen würde oder dass ein Sprecher eine schlechtere Leistung abgeliefert hat als der Hauptsprecher. Damit möchte ich einfach nur sagen, dass God of War Ragnarök ein audiovisuelles Meisterwerk darstellt (welches hoffentlich bald in den Schatten gestellt wird), aber bis dahin in meinen Augen als eine Art Vorzeigewerk dienen muss, wie es zuletzt Elden Ring für das Souls-Like-Genre getan hat. Weiterhin sind die Möglichkeiten für die Barrierefreiheit wieder mannigfaltig. Neben den Standardoptionen wie Farbfiltern oder Hilfen bei Rätseln gibt es noch viele weitere Optionen, wie zum Beispiel Bewegungshilfen, mit denen eine Bewegung des linken Sticks reicht um höhere Areale zu erklimmen anstatt O drücken zu müssen, die Möglichkeit einer Hochkontrastanzeige oder sogar extra Kontrollpunkte für Bossfights. Es gibt über 30 verschiedene Anpassungsmöglichkeiten und das ist einfach etwas, was sich viele Spiele ebenfalls als Vorbild nehmen sollten. Wenn wir von Design-Entscheidungen reden, müssen wir aber auch die nicht so guten Punkte ansprechen. Diese sind für die Größe und den Umfang des Spiels aber wirklich sehr schnell abgehandelt. Da wäre als erstes zu erwähnen, dass ich den Controller teilweise doch ein bisschen überladen finde und man sich in die Steuerung erst ein bisschen reinfuchsen muss. Ist man dann aber drin, gehen die Kämpfe wirklich gut von der Hand, auch wenn diese manchmal etwas hektisch sein können. Ein weiteres Problem stellt in meinen Augen das Design der Nebenmissionen dar, allerdings nur manche. Der Großteil zeigt sich als nützlich und auch sehr interessant was Nebeninformationen angeht. Viele ließen mich noch tiefer ins Spiel eintauchen! Dann wären da aber auch noch einige generische Quests, welche sich am ehesten durch "Töte x Monster” oder “Räume X,Y,Z Banditenlager” beschreiben lassen. Diese nehmen aber nur einen sehr geringen Teil ein und fallen auch nicht so häufig an wie in anderen Spielen. Alles in allem ist God of War Ragnarök aber wieder ein absolutes Must Have und Meisterwerk aus dem Hause Sony/Santa Monica Studios und jeder Spieler der auf eine grandiose Story mit vielen Wendungen und exzellentem audiovisuellen Genuss steht kommt einfach so gut wie nicht an God of War Ragnarök vorbei.
God of War Ragnarök ist seit dem 9. November 2022 zum Preis von 58,95 Euro für PlayStation 4 und 5. Bislang gibt es keine Hinweise, ob und wann eine Umsetzung für Windows-PC folgt. Beim Vorgänger kam der Port im Januar 2022 - also knapp vier Jahre nach der Konsolenfassung.

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