Age of Empires IV - Test/Review
Was haben die Reise von Kolumbus und die Age of Empires-Reihe gemeinsam?
Von Timm Woita am 11.11.2021 - 13:54 Uhr

Fakten

Plattform

PC

Publisher

Microsoft

Entwickler

Relic Entertainment

Release

28.10 2021

Genre

Strategie

Typ

Vollversion

Pegi

12

Webseite

Preis

59,99 Euro

Media (10)

Eine neue Reise

Was haben die Reise von Kolumbus und die Age of Empires-Reihe gemeinsam? Es war eine ungewisse Reise, mit vielen Mühen und einigen schweren Momenten. Kolumbus hat circa ein Jahr benötigt, eine lange Zeit für damalige Verhältnisse. Auf den vierten Teil der Age of Empires Reihe mussten Fans jetzt sogar 16 Jahre warten! Aber hat sich das lange warten auf Age of Empires 4 gelohnt? Ist der König wieder da? Oder bekommen wir nur einen Prinzen zu sehen? Was Relic Entertainment, World’s Edge und Microsoft den Liebhabern von Strategiespielen nun vorsetzt, wollen wir herausfinden.

Geschichtsträchtige Kampagne


Sprechen wir zuerst über die Einzelspieler-Kampagne. Diese ist eine interaktive Geschichtsstunde, wie man sie wahrscheinlich kaum besser in ein Spiel implementieren kann. Wir befinden uns, wie im zweiten Teil der Reihe, im Mittelalter und dürfen in der Kampagne vier historische große Konflikte dieser Epoche nachspielen. Der Krieg der Normannen, in der es um den Kampf um die englische Krone geht, den hundertjährigen Krieg zwischen England und Frankreich bis hin zum Aufstieg des Mongolischen Reiches und der Vereinigung aller Rus-Völker durch Moskau. Es wird vieles geboten und dient auch als Einführung für Spieler in die verschiedenen Völker und ihre Eigenarten im Militär und der Gesellschaft. Jeder dieser großen Kriege besteht aus acht bis zehn einzelnen Missionen. Was das alles aber erst richtig gut macht, ist die Inszenierung. Vor jeder Mission werden Videos eingespielt, welche eine Mischung aus realen Schauplätzen, Animationen und nachgestellten Szenen mit realen Schauspielern vereinen. Diese zeigen uns die historischen Hintergründe der anstehenden Mission. Mit dieser ansprechenden Aufmachung schafft es Age of Empires 4, den Spieler sehr tief in das Geschehen zu ziehen. Zusätzlich merkt man einfach, dass Relic Entertainment mit vielen Geschichtsexperten im Gespräch stand. Die Informationen, welche wir erhalten, sind nicht nur Beiwerk, sondern wirklich informativ und lehrreich. So wünsche ich mir manchmal eben Spiele. Insgesamt gibt es acht verschiedene Völker, von denen sich Engländer und Franzosen als einzige ziemlich gleich spielen. Die restlichen Völker spielen sich dafür umso unterschiedlicher: Nehmen wir als Beispiel die Mongolen. Wo die Franzosen einen festen Standpunkt haben und man diesen nach Möglichkeit mit festen Steinmauern schützen sollte, sind die Mongolen ein Nomadenvolk. Das Lager kann also jederzeit wieder eingepackt und verschoben werden. Heißt: Sollte ein Ort sämtlicher Ressourcen beraubt sein, packen wir unsere Sachen und verschieben den Hauptsitz unseres Reichs an eine andere Stelle. Eine manchmal schwierige, aber auch sich sehr gut anfühlende Option. Dafür wird die Mobilität der Mongolen mit dem Preis der Sicherheit bezahlt. Im Grunde hat jedes Volk seinen eigenen Technologiebaum, wobei die einfachsten Technologien fast überall gleich sind, sich im späteren Spielverlauf dann doch genug unterscheiden, um eine starke Eigendynamik zu entwickeln.

Aus der Geschichte lernen, heißt nicht immer Veränderung


Dieser Spruch trifft irgendwie sehr stark auf Age of Empires 4 zu. Denn Veteranen des zweiten Teils werden sich sehr heimisch fühlen, da sich AoE4 sehr stark an die alte Vorlage hält. Vom Gefühl her wollte Relic Entertainment hier keine großen Experimente eingehen und eher auf Nummer sicher gehen. Auch in Age of Empires 4 sind die vier Rohstoffe Holz, Fleisch, Gold und Stein der Dreh- und Angelpunkt unserer Wirtschaft. Der Abbau findet dabei durch unsere Dorfbewohnern statt und die gesammelten Ressourcen können dann entweder in unseren Dorfplatz oder wahlweise in die hoffentlich klug positionierten Holzfällerlager, Bergbaulager oder die Mühle gebracht werden. Während normale Arbeiter im Dorfzentrum ausgebildet werden, brauchen wir für unsere militärische Macht weiterhin Kasernen, Schießanlagen oder Reitställe. Sollte dabei unsere Bevölkerungsgrenze erreicht werden, bauen wir zusätzlich noch neue Wohnhäuser. Für die technologischen Fortschritte benötigen wir dann aber doch zwei verschiedene Sachen. Zum einen ist die Schmiede oder die Universität von Nöten, um technologischen Fortschritt zu erzielen, und zum anderen das Voranschreiten in ein neues Zeitalter. Dies geschieht aber nicht mehr wie zuvor über eine Forschung im Dorfzentrum, sondern kann bei dem Erreichen bestimmter Ressourcen von unseren Bewohnern gebaut werden. Dabei können wir uns dann für zwei verschiedene Bauwerke entscheiden. Diese unterscheiden sich von Volk zu Volk sowie in ihrem eigentlichen Nutzen. Bei den Franzosen können wir zum Beispiel eine Reitschule bauen, welche im Grunde eine stärkere Version des Stalls darstellt. In dieser können wir neben berittenen Lanzenträgern auch Ritter oder Kavallerie ausbilden, die auch mit kürzerer Ausbildungszeit daher kommen. Eine andere Option wäre ein Lager, in dem sich gewisse Ressourcen nach einer bestimmten Zeit vermehren. Eine weitere sehr starke Mechanik ist das Errichten von Mauern. Diese sind für Völker, welche sich fest niederlassen, eine Lebensversicherung. Die großen Steinmauern können erstens mit Bogenschützen bemannt und zweitens fast nur mit Belagerungswaffen eingerissen werden. In meiner ersten Runde gegen die KI bin ich an dieser massiven Abwehr heillos gescheitert und meine bis dahin aufgebaute Armee wurde in kürzester Zeit vernichtet. Verdammt seit ihr, ihr Engländer! Aber da ich schon erwähnte, dass Age of Empires 4 sich doch sehr stark am zweiten Teil orientiert, frage ich mich dennoch, warum einige der Komfortfunktionen des zweiten Teils nicht übernommen wurden? Warum gibt es keine Knopf mehr, mit denen ich im Falle eines Angriffs alle meine Arbeiter ins Dorfzentrum schicken kann? Oder warum kann ich zwar Tribute zahlen, aber diese haben keine Auswirkungen mehr auf den diplomatischen Status? Es fühlt sich zwar irgendwie vieles an wie Age of Empires 2 und die Neuerungen sind an sich auch wirklich gelungen. Aber der Teufel steckt halt leider oftmals im Detail und hier fällt Age of Empires 4 leider ab.

Das magische Dreieck


Kommen wir aber hier nun zu einem Punkt, der Age of Empires ausmacht: Der Krieg gegen die anderen Völker, ob nun von realen Spielern oder der KI gesteuert. Im Kampf Einheit gegen Einheit gibt es erneut dieses magische Dreieck. Mit Speerkämpfern halten wir berittene Einheiten in Schach, mit den berittenen Einheiten können wir die schutzlosen Bogenschützen ohne große Probleme ausschalten und mit den Bogenschützen sind Fußtruppen ein gefundenes Fressen. Jedes Volk hat dabei zwar mehrere Stufen oder Abweichungen der oben genannten Einheiten, diese sind aber meistens stärkere Varianten, die die gleichen Schwächen haben. Diese Einheiten können wiederum weiter verbessert werden, sei es nun ihre Rüstung, Angriffswert oder spezielle Eigenschaften, wie schildbrechende Pfeile für Bogenschützen. Eine Entwicklung wie in Age of Empires 2 kann aber leider nicht stattfinden, wo Einheiten in verschiedene andere weiterentwickelt wurden. Was Age of Empires 4 allerdings sehr gut macht, ist das Nutzen des Terrains. Bogenschützen haben die Möglichkeit auf Anhöhen weiter zu sehen und damit auch weiter zu schießen. Im Grunde ist aber dieses magische Dreieck der Einheiten das, was über Sieg und Niederlage entscheidet. Eine in meinen Augen zu notwendige und übermächtige Waffe sind aber die Belagerungswerkzeuge. Neben dem massiven Schaden an Gebäuden ist das Zermürben von gegnerischen Truppen mit diesen sehr gut machbar. Man kann eine riesige Truppe an Gegnern in Sekunden auslöschen, wenn die Aufstellung zwischen menschlichen Truppen und Werkzeugen stimmt. In meinen Augen stellt das ein Problem dar, da ich in meinen Runden verstärkt auf Belagerungswaffen gegangen bin und diesen nur eine kleine Menge an Kampfeinheiten an die Seite gestellt habe und so meistens gewinnen konnte. Die Schlachten selbst wirken sehr authentisch. Die Einheiten versuchen häufig, die Schwachpunkte der Gegner zu nutzen, was aufgrund der KI leider mal mehr, mal weniger gut klappt. Wenn sich viele Truppen auf dem Bildschirm tummeln, ruckelt nichts und es gibt auch keine FPS-Einbrüche. Das mag aber auch daran liegen, dass Age of Empires 4 kein grafisches Monster ist. Die Grafik glänzt eher mit Comic-Nähe und die Einheiten, Gebäude und auch das Terrain wirken schon teilweise ziemlich ziemlich grob in der Nahansicht. Auch die Zoomstufe selber ist nicht ganz ausgereift. Das Rauszoomen ist nämlich zu gering, um in hektischen Situationen eventuelle Truppen in der zweiten Reihe zu finden und dem Gegner so in den Rücken zu schicken. Man kann also sagen, dass die Grafik eher zweckmäßig ist. Aber es geht hier immerhin und epische Schlachten und nicht um grafische Brillanz. Dagegen ist die Vertonung sehr gut geworden. Die Völker haben alle ihre eigene Sprache, wodurch eine starke Atmosphäre entsteht. Außerdem spielt das audiotechnische Erlebnis in den Runden, die Kampagnenvideos mit allen Informationen zu den Schlachten und die musikalische Untermalung auf extrem hohem Niveau. Ein weiterer sehr positiver Aspekt ist, dass Age of Empires 4 durch den Mod-Support noch einen gewaltigen Schritt nach vorne machen könnte und über lange Jahre eine echte Hausnummer im Strategiebereich werden kann.

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