“High Score” auf Netflix – wird sie dem Hype gerecht?
Die neueste nostalgisch geprägte Doku von Netflix befasst sich mit der Geschichte der Videospiele, wobei der Schwerpunkt auf den 1970er, 80er und frühen 90er Jahren liegt.
Von Christoph Miklos am 07.10.2020 - 17:51 Uhr - Quelle: E-Mail

Fakten

Hersteller

Gamezoom.net

Release

Anfang 2000

Produkt

Gaming-Zubehör

Webseite

Die neueste nostalgisch geprägte Doku von Netflix befasst sich mit der Geschichte der Videospiele, wobei der Schwerpunkt auf den 1970er, 80er und frühen 90er Jahren liegt. Es ist einnehmen, breit gefächert und zeigt einen Kurs von der frühen Arcade-Kultur über moderne Esports, Textabenteuer bis hin zu Rollenspielen, Space Invaders to Doom, belebt durch begeisterte Anekdoten der Menschen, die dort waren. Zwar sind die ersten Meinungen über die Serie eher geteilt, aber es steht jetzt schon fest, dass „High Score“, einen besseren Job als viele traditionelle Programme macht, wenn es darum geht, über Videospiele zu sprechen, ohne zu oberflächlich oder zu langweilig zu sein.
Es richtet sich (zu) stark an echte Fans
Die meisten der Befragten sind die bekannten männlichen Gesichter der frühen Videospielgeschichte: der ehrwürdige Nolan Bushnell von Atari, der liebenswerte Metalhead Doom-Mitschöpfer John Romero, der exzentrische RPG-Pionier Richard Garriott und der Space Invaders-Macher Tomohiro Nishikado. Die Serie bemüht sich allerdings auch, weniger bekannte Persönlichkeiten ins Rampenlicht zu rücken: Gail Tilden, die Nintendo of America zu einem millionenschweren Verkaufserfolg führte; Ryan Best, der Schöpfer eines längst verlorenen satirischen LGBT-Rollenspiels namens GayBlade (mit spannendem Twist, wie es sich für die Spiele der Zeit gehört) sowie Gordon Bellamy, der Entwickler, der sich für die Einbeziehung afroamerikanischer Spieler in frühe Madden-Fußballspiele einsetzte. Viele dieser Geschichten werden sicherlich für das Gros der Zuschauer neu sein und man wünscht sich im Geheimen, dass ihnen mehr Aufmerksamkeit geschenkt würde als Pac-Man, Street Fighter und Mario, die nun wirklich jeder kennt.
Das Design der Serie ist hervorragend
Selbst jene Stories, die für niemanden mit passablen Kenntnissen der Videospielgeschichte neu sind, werden auf spannende Art und Weise durch lebendige Pixelanimationen erzählt, die den Ereignissen eine spielerische Atmosphäre verleihen. Besonders gut hat das Segment über Dylan Cuthbert gefallen, einen Engländer, der im Alter von 18 Jahren in ein Flugzeug nach Japan gesetzt wurde, um den Architekten des Game Boy zu zeigen, wie er und ein Kollege es geschafft haben, rudimentäre 3D-Grafiken aus der Maschine zu drücken. Nicht umsonst also gilt die Ära an Videospielen als Geburtsstunde für all jene Spiele, die wir heute so gerne zocken. Sei es Online Shooter, Fussball-Manager oder auch die Tiger Red Spiele – es gibt wohl nichts, was auf Pong und Co aufbaut.
Viele Aspekte wurden einfach übergangen
Was allerdings ein wenig für Unzufriedenheit sorgt: Man wird fast gar nichts darüber erfahren, wie Videospiele der Serie hergestellt werden. Verständlicherweise konzentriert man sich angesichts der Natur des Fernsehens und der eher kamerascheuen Natur vieler der größten Programmierer der Welt in erster Linie auf die Künstler, Designer und besten Spieler sowie nicht auf Hardware-Ingenieure oder Programmierer. Die Produktion macht einen guten Job, um die Geschichte der Videospiele visuell interessant zu machen, indem sie Space Invaders und Münzen überlagert und Filmmaterial von Kreativen überlagert, die in Tokio wandern oder Berge hinaufwandern, in einer sauberen visuellen Metapher, wie Videospiele und das wirkliche Leben miteinander verflochten sind. Dies geht jedoch zu Lasten der Beschönigung vieler Aspekte dieser Zeit in der Videospielbranche, die enorm wichtig, aber nicht aufregend anzusehen waren.
Fazit
High Score fängt eine Zeit des Lichtgeschwindigkeitsfortschritts in Videospielen ein, in denen die Menschheit zunächst von Pong zu Street Fighter gegangen ist. Dann von Super Mario zu Sonic und danach ist es fast schon nicht mehr möglich, dem Trend und der Zeit zu folgen. Dies sind Spiele, die für einen modernen 19-jährigen Spieler heute zweifellos alle gleichermaßen lächerlich aussehen, aber diese Serie kann gut erklären, was an jener Zeit aufregend war und wie jedes der aktuellen Spiele auf den Grundlagen dessen basiert, was in den 70er und 80er Jahren als modern angesehen wurde.
Christoph Miklos ist nicht nur der „Papa“ von Game-/Hardwarezoom, sondern seit 1998 Technik- und Spiele-Journalist. In seiner Freizeit liest er DC-Comics (BATMAN!), spielt leidenschaftlich gerne World of Warcraft und schaut gerne Star Trek Serien.

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